Küchengarten: Veredelte Gemüse

Einleitung

April 2021 Wer jetzt im Gartencenter Gemüsepflanzen einkauft, dem werden etliche Tomaten-, Gurken- oder Paprikasorten als veredelte Pflanzen angeboten. Sie sind zwar teurer, aber dafür meist widerstandsfähiger gegen Krankheiten als unveredelte Sorten. Mit etwas Fingerspitzengefühl gelingt Ihnen das Veredeln sogar selbst.

Die veredelte Gurke ‘Ministars’ bringt viele Früchte.

Wenn die Pflanzen nach langwieriger Aufzucht und Pflege plötzlich von Krankheiten dahingerafft werden oder trotz aller Bemühungen nur drei Tomaten am Strauch hängen, ist die Enttäuschung meist groß. Daher wenden Profigärtner bereits seit Jahrzehnten einen Trick an: Sie veredeln Gemüsepflanzen. Das bringt ihnen auf natürliche Weise gesunde, wüchsige und widerstandsfähige Pflanzen, die eine hohe Ertragssicherheit liefern und je nach Sorte zusätzlich mit gutem Aroma punkten. Am häufigsten werden wärmeliebende und krankheitsanfällige Gemüsepflanzen wie Tomaten, Gurken, Paprika, Auberginen, Melonen oder Basilikum veredelt, damit diese auch bei kälterer Witterung sicheren Ertrag bringen.

Aus zwei mach eins nach oben

Das Prinzip der Veredelung ist einfach und bei Obst- oder Ziergehölzen schon seit der Antike erprobt. Auf den bewurzelten Trieb einer robusten, widerstandsfähigen und wüchsigen Sorte, der sogenannten Unterlage, wird der Trieb einer besonders aromatischen oder attraktiven Zuchtsorte aufgesetzt. Beide Teile verwachsen nach kurzer Zeit miteinander. Das Ergebnis: Die Wuchseigenschaften der Unterlage und die speziellen Eigenschaften der Zuchtsorte wie Aroma, Fruchtgröße oder Aussehen vereinen sich in nur einer Pflanze.

Veredelte Pflanzen gedeihen sowohl im Gewächshaus als auch im Freiland schneller und besser. Der Grund für den hohen Ertrag veredelter Pflanzen ist die Wuchskraft der Unterlage. Sie reicht aus, um zwei oder sogar drei Triebe der Pflanzen gleichzeitig und somit deutlich mehr Früchte zu ernähren. Dadurch kann länger und auf weniger Platz geerntet werden. Veredelte Gemüse sind daher vor allem für das Gärtnern in Töpfen oder im Balkonkasten, für Hochbeete oder für das Gewächshaus zu empfehlen.

Gesunde Gurken nach oben

Vor allem bei Gurken hat sich das Veredeln bewährt, denn sie sind anfällig für allerlei bodenbürtige Krankheiten wie zum Beispiel die Gurkenwelke, die durch einen Pilz (Fusarium) hervorgerufen wird. Vorbeugend kann man jedes Jahr die Erde auswechseln – ein mühseliges Unterfangen! Hier helfen gegen die Welkekrankheit resistente, veredelte Sorten wie zum Beispiel die Schlangengurke ‘Midios’ und ‘Dominica’ oder die Mini-Snackgurke ‘Mini Stars’. Sie können bereits fertig veredelte Pflanzen im Gartencenter kaufen – oder das Veredeln selbst versuchen.

Lohnt den Anbau: die Wassermelone 'Mini Love'.

Bei Gurken wendet man die Methode des Gegenschnitts an. Dabei werden die beiden Pflanzentriebe der Unterlage und der Zuchtsorte angeschnitten und miteinander verbunden, damit sie zusammenwachsen können. Erst wenn das nach zwei bis drei Wochen geglückt ist, kappt man komplett den Kopftrieb von der Unterlage und den Wurzeltrieb von der Zuchtsorte – und erhält so eine einzige Pflanze. Wichtig: Unterlage und Zuchtsorten sollten dafür aus der gleichen Pflanzenfamilie stammen. Gurken werden meist auf dem verwandten Feigenblattkürbis veredelt, weil dieser sehr wüchsig und unempfindlich gegen die bodenbürtigen Krankheiten ist. Auch bei Melonen wie der Mini-Wassermelone ‘Mini Love’ oder der Balkonmelone ‘Orange Beauty’ nutzt man diese Unterlage zum Veredeln. So lassen sich Melonen sogar auf dem Balkon kultivieren.

Tipp: Achten Sie bei veredelten Pflanzen darauf, dass die Veredelungsstelle über der Erdoberfläche bleibt. Nur so können die Unterlagen optimal vor Krankheiten und Schädlingen schützen.

Veredelung bei Tomaten und Paprika nach oben

Auch bei Tomaten, Auberginen und Paprika funktioniert das Veredeln ausgezeichnet und macht höhere Erträge und längere Ernteperioden bis in den Herbst hinein möglich. Durch die Verwendung veredelter Pflanzen spart man sich zudem den Austausch der Erde, die nach einigen Jahren durch immer mehr wurzelsaugende Nematoden und andere Schädlinge leidet. Für Tomaten nutzt man sehr erfolgreich die Veredelungsunterlage ‘Vigomax’, die sich durch natürliche Resistenzen und eine enorme Wuchskraft auszeichnet. Große Fleischtomaten wie die Sorte ‘Buffalo Steak’ bringen erstaunlich gute Ernten der riesigen Früchte. Besonders aromatische Tomatensorten wie die Cocktail-Tomate ‘Picolino’ oder die süße Naschtomate ‘Solena®Sweet Red’ profitieren von der Veredelung.

Bei Tomaten wird die sogenannte Kopfveredelung angewandt. Dabei kappt man beide Triebe (den der Unterlage und den der Zuchtsorte) komplett und setzt dann den Kopftrieb der Zuchtsorte auf den bewurzelten Trieb der Unterlage auf. Hierfür müssen allerdings beide Triebe genau die gleiche Größe haben, damit das Zusammenwachsen gelingt. Diese Methode ist etwas kniffeliger als die Gleichschnitt-Methode, kann aber auch versierten Hobbygärtnern gelingen.

Für Selbermacher nach oben

gibt es spezielle Veredelungssets mit Keramikstiften, Samen, einer Unterlage und Kulturanleitung (zum Beispiel von Kiepenkerl, Schacht). Die Veredelung erfordert zwar etwas Fingerspitzengefühl, kann aber so manchen Ernteerfolg sichern. Üben Sie den richtigen Schnitt und die Verbindung der Triebe am besten vorher an überschüssigen Gehölz- oder Pflanzentrieben, damit die Mühen später auch von Erfolg gekrönt sind.

Veredeln von Gurken: (s. Fotos unten) Weil die Entwicklung der Feigenblattkürbisse schneller vonstatten geht und die Stiele sonst kräftiger ausfallen, säen Sie die Gurken bei 22 bis 25 °C eine Woche früher als die Kürbisse in Töpfchen aus. Haben die Pflanzen das erste Laubblatt entwickelt, ist der richtige Zeitpunkt zum Veredeln gekommen. Stellen Sie beide Pflanzen nebeneinander und schneiden Sie die beiden Triebe auf gleicher Höhe vorsichtig mit dem sogenannten Kopulationsschnitt an (ein schräger, laschenförmiger Schnitt nur bis zur Triebmitte – an dem Gurkentrieb von unten nach oben und am Kürbistrieb von oben nach unten). Fügen Sie nun die beiden Schnittflächen vorsichtig ineinander. Dabei müssen beide Flächen sauber (nicht berühren!) und genau übereinander liegen. Verbinden Sie die Veredelungsstelle nun fest und lückenlos mit einem feuchten Wollfaden, mit Bast, spezieller Bleifolie, Tesafilm oder einem speziellen Clip, der meist dem Veredelungsset beiliegt. Gießen Sie die beiden Pflanzen gut an und stülpen Sie eine Plastiktüte oder eine Folie darüber, damit die Veredelungsstelle unter hoher Luftfeuchtigkeit zusammenwachsen kann.

Die Schnittstellen beider Triebe genau ineinander fügen
Passen sie, kann die Schnittstelle verbunden werden.
Nun mit einer Bleifolie fest umwickeln.

Nach 2 bis 3 Wochen bei 25 °C sind Gurke und Kürbis zu einer neuen Pflanze verwachsen. Jetzt heißt es aufpassen: Von der Gurke wird die Wurzel abgetrennt und vom Kürbis der Kopf. Ist die Veredelung geglückt, können Sie sich über eine neue Pflanze freuen, die gesund auf kräftigem Wurzelwerk gedeiht.

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