Juli 2011 In diesem Jahr hat uns das Wetter wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht. Auf das im März beginnende schöne Wetter reagierten die Obstgehölze und viele andere Pflanzen mit dem Austrieb und bald auch mit der Blüte. So berichtet man im Süddeutschen von einem Entwicklungsvorsprung zu Normaljahren bis zu 14 Tagen. März und April waren die wärmsten und trockensten seit 50 Jahren! Die Niederschläge liegen – auch noch im Mai – bei einem Drittel des langjährigen Durchschnitts. Dazu kommt der durchweg sehr trockene Nord- und Ostwind, der schon im Winter zum Vertrocknen mancher Gartenpflanzen führte (Bambusarten). Für Gartenliebhaber und Landwirte keine schöne Situation.
Spätfröste mit Tiefsttemperaturen bis zu −5 °C zwischen dem 2. und 4. Mai brachten über das Bundesgebiet verbreitet Schäden in unterschiedlicher Weise. Reliefunterschiede – Tal- und Hanglagen – lassen deutlich unterschiedlich ausgeprägte Schäden erkennen. Beim Kernobst, das mit der Blüte vielerorts durch war, erkennt man die Schäden erst beim Durchschneiden der Früchte an den zerstörten Samenanlagen. Unsicher ist die Situation bei Steinobst. Hier wird sich der wahre Schaden erst nach dem "Putzen" zeigen.
Dennoch ist die Lage nicht hoffnungslos. Mein Vorgänger, ein erfahrener Obstbauberater, sagte in solchen Situationen: Nach Spätfrösten zählt man immer dreimal: Einmal die verfrorenen Blüten, nach dem Junifall die dann Verbliebenen und dann bei der Ernte. Meist bleibt mehr zum Pflücken als man im Mai glaubte. Im Haus- und Kleingarten sind auch Früchte zu verwenden, die Form- und Schalenfehler haben.
Bild 1: Das durchgeschnittene Rhizom zeigt durch die Marmorierung Frostschaden an. Wenn sich – wie hier – das Rindengewebe vom Zentralzylinder löst, ist der Schaden beachtlich.
Je nach Sorte, Standort und Höhe des Strauches fallen geschädigte Blüten bei den Johannisbeeren 4 ab. In diesem Jahr waren mancherorts die unteren Trauben verfroren, die höheren dagegen weniger oder gar nicht. Auch die Sorten unterschieden sich. Die früh blühende und reifende 'Jonkheer van Tets' hat im Vergleich zu anderen Sorten wenig gelitten. Sie schien über ein kritisches Stadium hinaus gewesen zu sein. Bei späteren Sorten – 'Rovada' und 'Rolan' dagegen bleiben die Fruchtstände halb leer. Auch hier dürfte das Stadium der Blüte für die Schädigung ausschlaggebend gewesen sein. An eine sortentypische Frostfestigkeit sollte man hier nicht denken.
Bild 4: Links Fruchtstände der spätreifenden 'Rovada'. Rechts ähnliches Bild von einem anderen Standort. 'Rolan' mit ebenfalls langen Trossen. Sie blüht und reift wie 'Rovada' sehr spät. Die früh blühende und früh reifende 'Jonkheer van Tets' schien über die frostempfindliche Phase hinweg zu sein.
Bild 5: Unterschiedliche Formen des Frostschadens an Himbeeren. Die Jungruten sind üppig im Wuchs und zeigen, dass die Wurzel gesund ist. Bei Himbeeren 5 verursachen Spätfröste Knospenschäden. Die Seitentriebe wachsen nicht mehr weiter. Aber am Knospenansatz erscheinen bald neue Knospen, die dann sehr spät noch einen Ertrag bringen.
Bild 6: Die Folge von Frost an der grünen Brombeerrute. Unterschiedlich bei den Sorten sind die Symptome bei Brombeeren 6. Von verkrüppelten Früchten bis hin zu absterbenden Seitentrieben zeigen sich die Schäden.
Bei Äpfeln 7, 8 entscheiden Sortenanfälligkeit, Standort, Blütenzeitpunkt, Kronenhöhe, Blütestadium und der Zustand von Ernährung und Wasserversorgung über die Gefahr von Schäden. Da die Blüte meist über einen längeren Zeitraum anhält, ist die Chance für einen Behang größer als beim Steinobst. In kalten Nächten können Schalenfehler 8 entstehen ohne die Frucht zu verlieren. Bei Birnen entstehen unschöne Fruchtformen dadurch, dass keine Samen angesetzt werden, die Frucht aber weiterwächst.
Bild 8: Aufreißen der Fruchthaut nach Frost oder Kälte an der Sorte 'Cox Orangen Rtte'.
nach obenFrostempfindlichkeit verschiedener Obstarten
Die einzelnen Obstarten sind unterschiedlich blüten- und spätfrostempfindlich. Die Reihe beginnt mit den Aprikosen und Pfirsichen, geht weiter zu den anderen Steinobstarten und endet mit der Birne und dem Apfel. In der Vollblüte verträgt die Pflanze allgemein nur Temperaturen eben unter 0 °C, aber auch in der geschlossenen Knospe können Narbe und Samenanlage vernichtet werden.
Maßnahmen zur Verhütung von Frost- und Kälteschäden sind im Haus- und Kleingarten kaum möglich. Der Boden sollte gut feucht sein, weil der nasse Boden mehr Wärme für die Nacht speichert. Er sollte nicht frisch gelockert sein. Strohabdeckung, wie gelegentlich zu sehen ist, verhindert den Wärmerückfluss und ist falsch.
Ebenso ist das Nassmachen blühender Bäume vor Frostnächten unsinnig. Damit verursacht man das Gegenteil. Das Räuchern – früher eine wirksame Methode – ist heute nicht mehr gestattet. Es bleibt also im Wesentlichen die Auswahl geeigneter Obstarten und -sorten, die dem Standort angepasst sind. Alle Eventualitäten wird man hier nicht ausschließen können.
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