Juli 2008 Globalisierung und Klimawandel machen sich auch in der heimischen Flora bemerkbar. Gebietsfremde Pflanzen, sogenannte "Neophyten", erobern die Landschaft und gelangen auch in unsere Gärten. Für unsere Gesundheit gefährliche Pflanzen, wie das "beifußblättrige Traubenkraut" oder der "Riesen-Bärenklau", machen Schlagzeilen. Doch wie groß ist die Gefahr wirklich, die von diesen Pflanzen ausgeht?
Dass Pflanzen wandern und neue Lebensräume erobern ist nichts Neues. Hätten Pflanzen nach der letzten Eiszeit unsere Region nicht neu besiedelt, sähe es heute bei uns ziemlich traurig aus. Da für die Pflanzen und Tiere jener Zeit Mittelmeer und Berge der Alpen eine schwierige, natürliche Hürde darstellten, haben wir in Nordeuropa heute einen geringeren Artenreichtum als im klimatisch vergleichbaren Nordamerika, wo es keine solchen Barrieren gab.
Viele Pflanzen haben aber inzwischen auf anderem Weg zu uns gefunden. Heute benutzen Pflanzen moderne Transportmittel wie Flugzeuge und Schiffe. Der menschliche Einfluss auf die Entwicklung und Wanderung von Pflanzenarten ist immens.
Dramatisch ist das weltweite Artensterben. Der Artenrückgang hängt vor allem mit der Vernichtung von Lebensräumen zusammen. Aber auch die massive Ausbreitung von wenigen Neophytenarten wird als Ursache angesehen.
Neophyten sind Pflanzen, die vom Menschen nach dem Jahr 1492 in Gebiete eingeführt wurden, in denen sie natürlicherweise nicht vorkommen. Seit der Entdeckung Amerikas wurden sehr viele Pflanzen aus allen Erdteilen ganz bewusst bei uns angepflanzt und kultiviert. Sehr viele Pflanzen reisten aber auch als unauffällige Samen um die Welt, die zum Beispiel an Handelswaren klebten.
Welche Gartenpflanze kann man überhaupt noch als einheimisch bezeichnen? Auch ein Gärtner wird hier lange überlegen müssen. Der überwiegende Teil der Gartenpflanzen stammt aus anderen Erdteilen. Selbst Kartoffeln und Tomaten sind Neophyten. Pflanzen mit Migrationshintergrund sind also ganz normal und grundsätzlich auch zu tolerieren.
Bei wenigen Arten können allerdings auch Probleme entstehen. In Mitteleuropa gilt die grobe Regel, dass von 1.000 neu eingeführten Pflanzenarten 100 Arten sporadisch auftreten, 10 Arten sich dauerhaft einbürgern und eine Art sich zu einer Problempflanze entwickelt.
Eine dieser Problempflanzen ist Ambrosia artemisiifolia, auch bekannt als beifußblättriges Traubenkraut. Sie stammt ursprünglich aus Nordamerika und ist in Ost- und Südeuropa als gesundheitsbedrohende Pflanze und landwirtschaftliches Unkraut bekannt und verbreitet.
Ihre Pollen sind das weltweit potenteste Pollenallergen und um ein vielfaches aggressiver als alle in Deutschland bekannten Baum- und Gräserpollen zusammen. Bei vielen Menschen treten allergische Reaktionen der Augen und Atemwege auf und können im schlimmsten Fall zu Asthma führen. Im Juli – Oktober, wenn nur noch wenige Gräserpollen in der Luft fliegen, beginnt die Ambrosia zu blühen. Da nahezu alle Pollenallergiker auch auf Ambrosia reagieren, kann für sie eine Verbreitung dieser Pflanze eine qualvolle Verlängerung der Pollensaison bedeuten.
In Deutschland kommt Ambrosia zwar schon seit dem 19. Jahrhundert vor, war aber eher selten anzutreffen. In den letzten Jahren wird sie aber häufiger gefunden, und die Pflanze befindet sich vermutlich am Beginn einer Ausbreitungsphase. Im Gegensatz zu jetzt schon stark betroffenen Ländern wie Ungarn, Frankreich und Italien können angemessene Maßnahmen eine Ausbreitung in Deutschland verhindern, eingrenzen oder zeitlich zumindest hinauszögern.
Die Ambrosia ist eine einjährige Pflanze, kommt aus der Familie der Korbblütler und wird je nach Standort zwischen 20 bis 200 cm groß. Die grünlich-gelben Blüten können bis zu einer Milliarde Pollen pro Pflanze produzieren und setzen zwischen 3.000 und 60.000 Samen an, welche bis zu 40 Jahre lang keimfähig bleiben können.
Die Pflanze wächst gerne an Standorten die anthropogen geprägt sind. Das heißt, besonders auf Schutthalden, Kiesgruben, Straßenrändern und Baustellen kann sie entdeckt werden. Auch in Gärten wachsen Ambrosia-Pflanzen. Hierhin gelangen die Pflanzen vor allem durch Vogelfutter, welches nur selten völlig frei von Ambrosia-Samen ist.
Als Gartenbesitzer sollte man also darauf achten, was an den Futterplätzen wächst und bei Feststellung von Ambrosia-Pflanzen, diese möglichst vor der Blüte ausreißen. Dabei sollten Handschuhe getragen werden, da schon Hautkontakt allergieauslösend wirken kann. Wenn die Blütezeit schon begonnen hat, sollte zusätzlich eine Staubmaske getragen werden. Allergiker sollten diese Arbeit ganz vermeiden. Die Pflanzen entsorgt man am einfachsten in einem geschlossenen Plastikbeutel im Hausmüll.
Beim Kauf von Vogelfutter sollte gezielt nach ambrosiafreiem Futter gefragt werden, um den Handel für die Problematik zu sensibilisieren. Größere Bestände von Ambrosia-Pflanzen sollten beim Grünflächen-, Pflanzenschutzamt oder bei der biologischen Bundesanstalt gemeldet werden.
Für unsere Gesundheit gefährliche Neophyten-Pflanzen, wie das "beifußblättrige Traubenkraut" oder der "Riesen-Bärenklau", machen Schlagzeilen. Doch wie groß ist die Gefahr wirklich, die von diesen Pflanzen ausgeht
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