Pflanzenschutz bedeutet Pflanzen schützen

Juni 2004 Der Pflanzenschutz versucht durch geeignete Maßnahmen Schäden durch Krankheitserreger, Schädlinge, Unkräuter und unbelebte Schadursachen an der Pflanze zu verhindern. Pflanzenpathologie und Pflanzenschutz werden mit Recht unter dem Oberbegriff "Phytomedizin" zusammengefasst und – wieder mit Recht – mit der Human- und Veterinärmedizin auf eine Stufe gestellt. Der "Pflanzenarzt" hat, genau wie der Human- und Tiermediziner, im Prinzip die gleiche Aufgabe: lebende Organismen vor Schäden zu schützen und wenn möglich die Gesundheit seiner Patienten wiederherzustellen.
Der wesentliche Unterschied zwischen den drei Medizinkategorien besteht in ihrer Bedeutung. Um die Menschengesundheit wird mit Recht fast "um jeden Preis" gerungen. Pflanzenschutzmaßnahmen im Erwerbsgartenbau oder in der Land- bzw. Forstwirtschaft werden dagegen erst dann durchgeführt, wenn die sogenannte wirtschaftliche Schadensschwelle überschritten wird. Das bedeutet, eine Vorbeugung bzw. Bekämpfung sollte erst bei der prognostizierten bzw. tatsächlichen Befallsstärke, – bei der der zu erwartende Schaden bei Nichtbekämpfung höher zu werden droht als die Bekämpfungskosten – durchgeführt werden.
Ein sogenannter ökologischer Anbau unterliegt dabei denselben Zwängen und Prinzipien. Da die Bekämpfungsbereitschaft dort niedriger ist als bei dem traditionellen Anbau und die Effizienz der Maßnahmen aufgrund des Verzichtes auf manche erfolgsgarantierenden chemischen Substanzen geringer wird, sind die Erträge schwächer und dadurch die Kosten pro geerntete Einheit höher. Diese Anbaubetriebe können nur dann existieren, wenn der Endverbraucher = Käufer bereit ist, eventuelle Schorfflecken auf den Äpfeln bzw. manche Schönheitsmakel der Zierpflanzen in Kauf zu nehmen. Da er daran glaubt, weniger belastete Pflanzen und dadurch gesündere Nahrungsmittel erworben zu haben, akzeptiert er die viel höheren Preise. Im Hobbybereich, wo der "Zwang" der Wirtschaftlichkeit prinzipiell entfällt, braucht die Bekämpfungsbereitschaft sicherlich nicht immer rationell begründet zu werden.
Ob der Freizeitgärtner bereit ist, auf Teile der Ernte oder der Blüte- bzw. der Blätterpracht zu Gunsten der Schaderreger zu verzichten oder mehr an Arbeit und Kosten zu investieren bereit ist, damit seine Pflanzen prachtvoller als die des Nachbarn sind, ist seine subjektive Entscheidung.
Der Garten, nicht das Auto, ist des deutschen Freizeitgärtners liebstes Kind. Da spielt aber in manchen, durch hohe Arbeitslosigkeit gezeichneten Gebieten auch die Armut eine wesentliche Rolle. Dort werden die Gärten am intensivsten bewirtschaftet. Die hohe und mehrfache Ernte von Obst und Gemüse hilft das Familienbudget "zu meistern". Besonders dort sind die Forderungen von manchen gutbehüteten "Berufsökos", wie z. B. "wenn der Pfirsichbaum durch die Kräuselkrankheit oder der Birnenbaum durch den Birnengitterrost befallen ist, soll man ihn eben ausrotten, statt die Umwelt durch Pestizideneinsatz zu belasten", zynisch, inkompetent und demagogisch. Jeder Bürger eines demokratischen Landes, also auch wir, die 18 Millionen Freizeitgärtner, haben das Recht darauf, selbst entscheiden zu dürfen, ob und inwieweit wir unser Eigentum, in diesem Fall unsere Pflanzen, vor Angriffen von außen schützen dürfen.
nach obenIndirekte Pflanzenschutzmaßnahmen
Wie ich schon früher angedeutet habe, sind viele unbelebte Wachstumsfaktoren die wichtigsten Erfolgsvoraussetzungen für gesunde Pflanzen überhaupt. Wir versuchen jetzt alle Maßnahmen zu systematisieren, die zwar keine Schadorganismen bekämpfen, aber trotzdem die Gesundheit der Pflanzen positiv beeinflussen. Sie sind demnach nicht als direkte Bekämpfungsmaßnahmen, sondern als indirekte, meistens kulturtechnische Schutzmaßnahmen zu sehen.Ich habe schon gesagt, dass durch den Verzicht auf "Exoten" viele Probleme im Garten zu vermeiden sind. Nicht in jeder Region vom Bodensee bis nach Flensburg werden z. B. Weinreben angebaut. Die nördlichsten Weinbaugebiete sind eben die Mosel im Westen und Saale-Unstrut im Osten und das ist kein Zufall. Bei der Entscheidung für oder gegen die Hausrebe, sollte diese klimabedingte Tatsache durch den Freizeitgärtner in seinem eigenen Interesse berücksichtigt werden. Dazu kommt die Tatsache, dass Empfindlichkeit und (im Gegensatz dazu) Resistenz gegen Schaderreger erbliche, sortenspezifische Eigenschaften sind. Diese Kenntnisse sollten unbedingt bei Neupflanzungen berücksichtigt werden.
nach obenArten- und Sortenauswahl
Bei Radieschen z. B. kann man sich, im Falle der Unzufriedenheit, laufend für eine andere Sorte entscheiden. Bei Bäumen und auch bei Sträuchern handelt es sich um mehrjährige Pflanzen, deren eventuelle Auswechslung im Falle der unberücksichtigten Empfindlichkeit, relativ große Probleme und Kosten mit sich bringt. Ein Kompromiss zwischen den Vor- und Nachteilen einer gepflanzten Pflanzensorte muss bewusst getroffen, und darf nicht dem Zufall überlassen werden. Uns muss aber auch klar sein, dass die Natur oft schneller und flexibler als die Züchtung ist.Die Resistenz der Sorten muss immer wieder relativiert werden. Manche Stachelbeersorten die z. B. noch vor einigen Jahren als resistent gegen den Stachelbeermehltau gekauft worden sind, sind inzwischen – als sie gerade reichlich zu tragen begannen, – empfindlich geworden. Mehltau entwickelte eben Krankheitsstämme, die die Resistenz überbrückt haben. Soll man diese Sträucher ohne Rücksicht auf Verluste ausrotten um neue, heute noch als resistent geltende zu kaufen und zu pflanzen? Bei Pfirsichsorten und der Kräuselkrankheit, und praktisch überall bei allen resistenten Sorten, gilt das gleiche.
Ihr Adalbert Griegel
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