Dagner, Gerd
noch keine KommentareSchnüffi das Eichhörnchen
März 2006 Einer zweiwöchigen Wärmeperiode hat ein Kälteeinbruch ein jähes Ende bereitet. Ein böiger Nord-West-Wind pfeift durch das bewaldete Tal, er zerrt und reißt an den Ästen und Wipfeln, dass sich die langaufgeschossenen Baumstämme ächzend biegen. Bei einer Waldblöße hat der Sturm seine ganze Kraft entfaltet und in den Wald eine etwa 40 Meter lange und 12 Meter breite Bresche gerissen. Unheimliche Urgewalt hat die Stämme in 2 bis 5 Meter Höhe wie Streichhölzer geknickt und durcheinander geworfen.
Klagende Jammerlaute lassen mich aufhorchen. Der Richtung des Wehgeschreies folgend, entdecke ich unter Ästen und Baumspitzen die Überreste einer Eichhörnchenkinderstube. Zwei halbnackte Junge, noch mit verschlossenen Augen, liegen auf dem Waldboden und zittern vor Kälte. Mit einem Taschentuch umwinde ich meine Hand, um die menschliche Witterung einigermaßen zu verhindern, und setze die frierenden Eichhörnchen in das Nest zurück. In der Hoffnung, dass die hilflosen Jungen bald in ein Ausweichnest gebracht werden, ziehe ich mich vorerst zurück. Da nach 2 Stunden die jammernden Eichhörnchen noch immer ohne Betreuung sind, fasse ich nach reichlicher Abwägung der verschiedenen Möglichkeiten den Entschluss, die Kleinen mit nach Hause zu nehmen. Ich packe die jungen Eichhörnchen in trockenes Gras, schlage sie in mein Taschentuch ein und verstaue sie in meinem weiten Anorak. Dann geht es eilig heimwärts.

© Dagner, Gerd
nach obenIn die Freiheit entlassen?
Bis zum Herbst ist aus dem kleinen, hilflosen Pflegling ein erwachsenes Eichhörnchen geworden. Nach ursprünglicher Planung sollte es nun seine Freiheit erhalten doch wie soll Schnüffi sein Futter finden, da es an den täglichen Erhalt der Nahrung durch mich gewöhnt ist? Wie soll es die Gefahren der Natur erkennen und abwehren? Oder ist es besser, in gewohnter, sorgenloser Gefangenschaft zu leben, als in der Freiheit zu verenden?So bekommt Schnüffi nun ein großes Gehege mit vielen Ästen, Baumstümpfen und einem großen, hohlen Birkenstamm, in welchem es sich ein warmes Nest für den nahenden Winter einrichten kann. Die frisch gereiften Haselnüsse schmecken ihm ausgezeichnet, es setzt bereits Winterfett an, bekommt einen dichten Pelz, einen buschigen Schweif und lange Haarbüschel an den Ohren. Zuerst noch etwas ungeschickt, hat Schnüffi nach einigen Tagen eine gute Technik zum Nüsseöffnen entwickelt: Es nagt an der Spitze der Nuss, an welcher die beiden Hälften der Schale aufeinander treffen eine Kerbe, steckt die Zähne hindurch, verdreht die Nuss und knacks – liegt der wohlschmeckende Kern offen.

© Dagner, Gerd
Mit der steigenden Frühjahrssonne wird das Eichkätzchen wieder lebhafter. Als Futter bekommt es nun Fichten- und Kiefernzapfen mit reifen Samen, Fichtenzweige mit frischen Knospen und wie immer Haselnüsse.
Durch die lange Winterzeit, in welcher ich mit Schnüffi nur gelegentlich zusammenkam, hat es viel von seiner früheren Anhänglichkeit verloren. Ich möchte es aber doch bei mir behalten, da wir viele schöne Stunden zusammen erlebten und es in ungewohnter, freier Natur kaum bestehen könnte!
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