Gartenberatung: gartenberatung.de: Schnitt und Wundpflege

Einleitung

Januar 2020 Zu den wichtigsten Pflegemaßnahmen an Obstbäumen zählt ein regelmäßiger Schnitt. Dabei werden zu dicht stehende und sich kreuzende Triebe ebenso wie Konkurrenztriebe oder altes, krankes und abgestorbenes Astwerk entfernt. Manchmal wird ein Baum aber einfach nur zu groß und muss eingekürzt werden. Dabei werden ihm unweigerlich Wunden zugefügt.

Der Schnitt nach oben

Im Gegensatz zu Mensch und Tier ist ein Baum nicht in der Lage, verletzte und abgestorbene Zellen zu reproduzieren. Vielmehr versucht er, durch ein entsprechendes Wachstum die Wunde vom Rand her mit einer Kallusschicht zu überwallen, um so den Eintritt von Krankheitserregern zu verhindern. Er bildet frisches Gewebe und schafft damit eine Abschottungslinie zum Wundholz.

Sauberer Schnitt
Astring setzten

Damit die Wundheilung gut funktioniert, sind folgende Punkte unbedingt zu beachten:

  • Richtiger Schnittzeitpunkt
  • Möglichst kleiner Wunddurchmesser
  • Richtige Schnittführung

Um einen sauberen Schnitt zu erzielen, ist scharfes Werkzeug unerlässlich. Bis 1,5–2 cm Durchmesser kann man noch gut eine Handschere verwenden, bei größeren Astdurchmessern sollte Sie auf eine gute Säge zurückgreifen. Astscheren schaffen zwar auch dickere Äste, allerdings besteht hier die Gefahr von Quetschungen gesunden Gewebes, wodurch die Wundheilung verzögert wird oder sogar ganz ausbleibt.

Der Schnittzeitpunkt ist von vielen Faktoren wie Pflanzenart oder Ziel des Schnittes abhängig. Wird während der Vegetationszeit geschnitten, ist das Kambium sehr aktiv und der Baum kann die Wunde schneller verschließen. Bei Schnittmaßnahmen im späten Herbst oder frühem Winter bleibt die Wunde länger offen und ist somit anfälliger für eine Infektion.

Grundsätzlich kann man sagen, dass Schnittwunden mit einem Durchmesser von mehr als 5 cm nur sehr langsam überwallen. Daher ist es sinnvoll, einen Baum regelmäßig und moderat zu schneiden, statt selten und radikal zur Säge zu greifen. Dadurch werden große Wundflächen verhindert, die aufgrund einer Fäulnisbildung durch holzzersetzende Pilze den gesamten Baum in seiner Stabilität schwächen können.

Bei der Schnittführung achtet man darauf, dass der Astring stehenbleibt und der Wulst nicht verletzt wird. Zwar zersetzt sich an dieser Stelle das innere Holz und es entsteht ein Astloch, allerdings überwallt das Kambium mit der Zeit das Gewebe. Über einer Abschottungslinie zum faulenden Wundholz bildet sich anschließend wieder aktives Holz.

Wundverschlussmittel nach oben

Zum Thema Wundverschluss an Bäumen scheiden sich die Geister. Jahrzehntelang war dies nach einem Rückschnitt eine unverzichtbare Maßnahme. Wachs, Baumteer, Dispersionsfarben – die Anzahl an Mitteln war groß. Leider bewirkte dies aber oft genau das Gegenteil. Bäume erkrankten, wurden von Baumpilzen besiedelt, starben ab. Mitte der 1980er Jahre fand der amerikanischer Forstwissenschaftler Alex Shigo heraus, dass die Wundheilung bei Bäumen anders als Mensch und Tier verläuft. Dazu zerlegte er über 15.000 Bäume und stellte fest, dass ein künstlicher Wundverschluss Fäulnis und Krankheiten nicht verhindert, sondern eher das Gegenteil bewirkt hatte.

Die Wunde ist fast verschlossen
Unsauberer Wundversschluss

Durch den Wundverschluss wird der Prozess der zügigen Kambiumbildung verhindert. Im Wettlauf mit der Fäulnis geraten die Selbstheilungskräfte des Baumes ins Hintertreffen. Zudem fühlen sich Keime und Pilzsporen in dem feuchten Mikroklima unter der Schutzhaut sehr wohl und treiben die Zersetzung des Holzes munter voran. Erschwerend kommt hinzu, dass oftmals die Schnitte nicht sorgsam ausgeführt werden und es dadurch zu ausgefransten Wundrändern kommt. Hier kann das Wundverschlussmittel nicht sorgsam genug aufgebracht werden. Durch feine Risse kann Feuchtigkeit unter die Schutzhaut gelangen und den Infektionsprozess mit holzzerstörenden Pilzen begünstigen. Schlimmstenfalls ist der Ast oder sogar der Stamm dem Verfall hilflos ausgeliefert und es kommt zum Bruch oder zum Absterben.

Können Wundverschlussmittel trotzdem sinnvoll sein? nach oben

Bei Schnittmaßnahmen zwischen November und Februar befinden sich die Gehölze in Saftruhe und es bildet sich kein Kambium. Damit die Wundränder bis zum Frühjahr nicht vertrocknen oder erfrieren, kann ein Wundverschlussmittel in einer Breite von max. 2 cm am Rand aufgetragen werden. Die Schnittfläche selbst wird nicht bestrichen.

Ein weiterer Einsatzzweck sind oberflächliche Wunden, die durch Abplatzen der Rinde, Anfahren mit einem Auto oder Wildverbiss entstehen können. Hier drohen größeren Rindenpartien zu vertrocknen. Die Versiegelung mit einem Wundverschluss kann dies verhindern, blättert aber u. U. schnell wieder ab. Besser ist das Abdecken mit einer lichtundurchlässigen Folie, unter der sich ein sogenannter Flächenkallus bilden kann.

Schnittfläche mit Pilzinfektion
Stammbruch

Fazit nach oben

Grundsätzlich können Sie sich die Wundverschlussmittel sparen. Wichtiger für eine Wundheilung sind ein fachgerechter Schnitt und der richtige Schnittzeitpunkt, um eine Wunde gut verheilen zu lassen.

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